Sie sind hier: Startseite Volksinitiative Presse 20120211 Die Welt: Prag verzichtet auf Ökostrom-Blockade

20120211 Die Welt: Prag verzichtet auf Ökostrom-Blockade

Die Welt

Prag verzichtet auf Ökostrom-Blockade

Windenergie darf beim Nachbarn ins Netz

Tschechien erwartet aber, dass Deutschland neue Atommeiler in Temelin akzeptiert

Die Tschechische Republik hat sich bereit erklärt, weiterhin deutsche Windenergie aus Nordost-Deutschland über das eigene Netz nach Süddeutschland durchzuleiten. Der tschechische Premierminister Petr Necas erteilte Plänen des Netzbetreibers CES, einen sogenannten Phasenschieber zur Blockade deutscher Windstromexporte an der Grenze zu errichten, eine Absage. "Wir möchten keine Phasenschieber errichten, weil dies der Idee eines europäischen Binnenmarktes für Elektrizität widersprechen würde", sagte Necas bei einer energiepolitischen Tagung des Wirtschaftsrates der CDU.

Stattdessen wolle Prag das tschechische Stromnetz mit Investitionen über zwei Mrd. Euro erweitern. Necas betonte aber, dass "Tschechiens Stromnetz nicht dafür da ist, die deutschen Probleme zu lösen". Er erwarte, "dass Deutschland sein Problem mit Leitungsengpässen zwischen Nord- und Süddeutschland selber löst". Necas sagte, das Aufkommen von Windenergie in der tschechisch-deutschen Grenzübergangsleitung betrage zeitweise bis zu 3500 Megawatt. Bisher habe die grenzüberschreitende Leitung aber nur eine Kapazität von 1000 Megawatt. "Das tschechische Übertragungsnetz wird durch diese Überflüsse von einem Blackout bedroht", warnte der tschechische Premier.

Necas sagte, seine Regierung plane weiter den Bau zweier neuer Atomreaktoren in Temelin bis 2025. In einem Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel habe er enge Absprachen mit der deutschen Seite zugesagt. In wenigen Wochen würden sich bereits die Umweltminister beider Länder treffen, um über die Sorgen auf deutscher Seite zu sprechen.

Tschechien sei über den plötzlichen deutschen Atomausstieg nicht vorab informiert worden, obwohl dieser zu großen Problemen im Lande geführt habe, sagte Necas weiter. Das Land akzeptiere aber die deutsche Entscheidung. Ebenso erwarte Tschechien nun aber, dass Deutschland auch die tschechische Entscheidung bezüglich neuer Atommeiler in Temelin akzeptiere.

Der Präsident des CDU-Wirtschaftsrates, Kurt J. Lauk, kritisierte die deutsche Energiewende: Man könne nicht in der Euro-Krise mehr Europa fordern "und in der Energiepolitik nationale Alleingänge machen". Lauk warnte: "Energieintensive Unternehmen verlassen Deutschland oder investieren nicht mehr hier." Die Energiewende werde "zu einer Wende in unserer Industriepolitik". Das Management der Stromnetze sei "zur täglichen Akrobatik" geworden.

Autor: Daniel Wetzel
11.02.2012

http://www.welt.de/print/die_welt/wirtschaft/article13862688/Prag-verzichtet-auf-kostrom-Blockade.html

Bookmark & Share

Artikelaktionen
abgelegt unter: